bis 15. Juni, Burgrieden
Il faut cultiver notre jardin – Eine Reise in den Garten
Burgrieden – Il faut cultiver notre jardin – wenn Voltaire den Protagonisten seiner unvollendeten Novelle „Candide oder Der Optimismus“, 1759, sagen lässt, dass wir unseren Garten bestellen müssen, meint dies im übertragenen Sinne, dass jeder Mensch seinen Teil dazu beizutragen hat, die Gesellschaft zu verbessern. Gärten entstehen dort, wo Menschen siedeln. Bereits in der Vergangenheit diente ihre Anlage neben praktischen Gründen auch dem Seelenheil und stand symbolisch für die Vision des Paradieses. Und schon immer trugen zur Entstehung von Gärten auch die anderen Künste bei: die Architektur, Skulptur, Malerei, Literatur, Musik, Botanik und die Kulinarik. Ein Garten ist die einzige Kunstform, die alle Sinne stimuliert. Für den südkoreanisch-deutschen Philosophen Byung-Chul Han kann uns eine Reise in den Garten heute wieder staunen lassen über die Schönheit und Einmaligkeit der Erde. Die Naturerfahrung gibt dem Menschen die Realität zurück, die in der digitalen Welt verlorengeht.
In der Ausstellung zeigen zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, welche Faszination dieser von Menschen geschaffene Raum ausüben kann.
Anne Carnein widmet ihre Aufmerksamkeit der Schönheit der einzelnen Pflanze mit all ihren auch unterirdischen Teilen in raumgreifenden Plastiken. Inessa Emmer findet in den pflanzlichen Strukturen ornamentale Gesetzmäßigkeiten und übersetzt sie in großformatige, farbstarke Holzschnitte. Heiner Geisbe thematisiert die vielfältige Natur in ihren Einzelheiten und verbindet sie in seinen Bildern mit aphoristischen Zitaten. Die atmosphärischen Radierungen von Stefanie Hofer mit ihren architektonischen Elementen entführen in eine verwunschene, geheimnisvolle Gartennatur. Rainer Nepita zeichnet und malt Natureindrücke, unscheinbare Details von Blüten, Blattwerk, Ranken oder Farne und entwickelt daraus unter der Prämisse der Einfachheit ein Pflanzenalphabet von poetischer Dimension.
Die Arbeiten in der Ausstellung beschäftigen sich aber auch mit den sichtbaren und nicht so sichtbaren Erscheinungen der Gefährdung dieses Lebensraumes durch den Menschen. So widmet sich Maximilian Prüfer der Erforschung natürlicher Prozesse und zeigt die Folgen der Umweltzerstörung für den Bestäubungsprozess. Oliver Westerbarkey sammelt das Naturmaterial und gestaltet daraus mächtige Naturausschnitte, die realer scheinen als sie sind. Auch Anja Schindler wird zur Forscherin. Sie färbt das natürliche Material cyanblau ein, konserviert es in Gefäßen und präsentiert die Naturalien in der Art historischer Kunst- und Wunderkammern. Itamar Yehiel kombiniert in seinen dreidimensionalen Arbeiten Tausende von Jahren der Stickereitraditionen mit verschiedenen Techniken und nutzt das Pflanzenreich oder auch Steine als Inspiration für filigrane, transparente Objekte. Der Bildhauer Rüdiger Seidt übersetzt natürliche Phänomene in abstrahierte Stahlskulpturen, die im Park der Villa Rot in den Dialog mit der Natur treten. Die Auseinandersetzungen der Ausstellenden sind ebenso vielfältig wie das Thema selbst. Die Ausstellung stellt den Garten als einen Ort dar, an dem man sich verlieren kann; als einen idyllischen Ort, der die Fantasie anregt und zum Träumen einlädt. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass dieser sehr direkt erfahrbare Naturraum die Veränderung der natürlichen Umwelt ebenso vermittelt wie das Wissen um den Verlust eines Paradieses.
bis 15. Juni 2025
Museum Villa Rot
Schloßweg 2, Burgrieden
Do – Sa: 14 – 17 Uhr, So und Feiertag: 11 – 17 Uhr
www.villa-rot.de
Abbildung: Werke von Anne Carnein & Oliver Westerbarkey (Foto: Museum Villa Rot)